Es sollte ein einfacher Filmdreh werden: Fünf Freunde, die einen Kurzfilm drehen, bevor ihre Wege sich nach ihrem Schulabschluss trennen werden. Als Kulisse soll eine Felsformation am Strand nahe ihrer Heimatstadt dienen. In aller Frühe brechen sie auf, um die magische Atmosphäre des Ortes im ersten Licht des Tages einzufangen. Doch das ist nicht wirklich der Grund, aus dem sie dort sind. Denn einer von ihnen hat gelogen. Und diese Lüge wird ihr Leben für immer verändern.
Kelly Thompsons und Mattia de Iulis‘ Horrorcomic-Serie »The Cull« wirft ihre Leser in ein mystisches Abenteuer, das sowohl von H. P. Lovecraft als auch von Stephen King inspiriert ist und mit gigantischen Kaiju-Monstern vermischt. (Beschreibung von https://www.splitter-verlag.de/cull.html)
Ich hatte mich schon sehr lange auf „The Cull“ gefreut und absichtlich nicht zu sehr recherchiert, worum genau es eigentlich gehen soll. Aber ich dachte mir, Lovecraft und Stephen King sind eine tolle Mischung und Kelly Thompson habe ich seit ihrem wunderbaren Hawkeye und ihrem Roge/Gambit Run sehr ins Herz geschlossen, zuletzt war auch ihr Captain Marvel sehr gut, da konnte also nichts schiefgehen…dachte ich. Um einmal mit den positiven Dingen zu beginnen. Mattia De Iulis hat mich begeistert, seine fast schon fotorealistischen Zeichnungen und pastelligen Kolorierungen sind eine Augenweide und verleihen dem Setting eine schöne Surrealität. Kelly Thompson legt ein gutes Tempo vor und lässt sich nicht viel Zeit die Story zu entwickeln, sie verzichtet auf übermäßig Exposition. Wir Lesenden erfahren über die Dynamiken der Protagonist*innen durch deren Gespräche miteinander, welche, wie von Kelly Thompson gewohnt, immer smart und witty sind. So würden auch echte Menschen sprechen. Für mich ist das ein Qualitätsmerkmal.
Doch damit sind wir leider schon am Ende der positiven Eindrücke. Das größte Manko ist, dass das große Versprechen, es handle sich um Lovecraft gemischt mit Stephen King und Kaiju Monstern, nie eingelöst wird. Für Lovecraft fehlt jeglicher Cosmic Horror, auch wenn das Setting an der amerikanischen Ostküste das zu Beginn leicht einzufangen vermag, für King fehlt der Grusel der menschlichen Abgründe und Kaiju Monster sind im letzten Kapitel des Bandes für gefühlt 3 Seiten zu sehen. Dazwischen entspinnt sich ein surrealer Trip durch einen Felsen an der Küste, der scheinbar das Tor zu einer Zwischenwelt ist, in der sich unsere 5 Protagonist*innen wiederfinden. Diesen Trip behandelt ca 75% des Bandes. So hübsch sie gezeichnet wurde, so wenig erfahren wir. Scheinbar läuft hier alles anders, ein Schwarmbewusstsein lernt durch ihre Anwesenheit. In der Folge bekommen alle Superkräfte, bis auf eine, die das Klischee des Goth mit dunklem Geheimnis und tragischen Verlust verkörpern muss. Sie wird verstoßen und alle müssen fliehen, wieder zurück in ihrer Welt scheint einiges mehr an Zeit vergangen zu sein, riesige Monster haben den Ort angegriffen, selbst das Militär konnte nichts ausrichten, doch gemeinsam mit ihren Kräften besiegen sie die Monster und alles ist gut und…ach nee. Sie sind in einer Parallelwelt. Das war der konfuse Abschluss des Bandes und so richtig hat es für mich einfach nicht zusammengepasst. Die Nummer mit den Kräften war mir zu viel, die Idee des Raumes zwischen den Welten hätte soviel mehr Potenzial gehabt, doch wurde trotz der Erzähllänge hier nie ausgeschöpft. Hinzu kommt, dass die Charaktere selbst leider ein Abziehbild und Klischees von Jugendlichen sind. Da ist die superschlaue, die natürlich sofort alle möglichen quantenmechanische Theorien spinnt, als sie in den Zwischenraum gehen, das Mädchen, dass Gewalt und Missbrauch erfährt und das durch übermäßige Sexualität kompensiert, ein Kerl, der wie zuletzt häufig durch alle Medien ziehend, keinen Charakter mehr haben darf und nur der nützliche Idiot sein muss, die Goth, die dunkel, traurig und abgeschottet von ihren Freunden eine eigene Agenda hat und das selbstlose, aufopfernde Mädchen, dass für alle zu gut ist. Die Charakter waren mir viel zu sehr eine Idee, eine Rolle als wirkliche „Menschen“ mit Nuancen. Somit hat „The Cull“ bei mir leider schon in den ersten Seiten ein Gefühl ungutes erzeugt, dass mich der Band leider zu enttäuschen scheint.
Am Ende ist es, glaube ich, wichtig, mit welchen Erwartungshaltungen man hier ran geht. Der irreführende Aufhänger war wohl mein größtes Problem. Ich habe Cosmic Horror erwartet, wohl etwas wie Providence mit Teenagern, aber es war mehr eine Fantasy Novel, die mich sehr an den Film Annihilation erinnert hat. Die stereotypischen Charaktere wären mit einem etwas gruseligeren Setting noch in Ordnung gewesen, aber insgesamt hat das sehr hübsche Gesamtpaket leider nicht überzeugt. Band 2 werde ich somit auslassen.

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